Kruzifix, Werkstatt Gabriel Grupello

Bearbeitung und Arbeitsaufnahmen

um 1680-1700, Eichenholz, in den 40ern seiner Fassung beraubt, Kreuz (1940-1955er Jahre): H 205,5XB 105XT 5 cm, Corpus: ca. H 140XB 60XT20 cm

Das Erscheinungsbild ist uneinheitlich. Das Lindenholz ist rissig und zeigt vielfach weiße Ausblühungen, die die sehr dunklen Holzergänzungen an beiden Füßen, ältere Kittmaterialien am rechten Fuß und Das Erscheinungsbild ist uneinheitlich. Das Lindenholz ist rissig und zeigt vielfach weiße Ausblühungen, die die sehr dunklen Holzergänzungen an beiden Füßen, ältere Kittmaterialien am rechten Fuß und in der rechten Achselhöhle Christi deutlich hervortreten lassen. Die Kittungen sind spröde, teilweise instabil und weisen unterschiedliche Farben und Festigkeiten auf. Es ist also anzunehmen, dass das Kruzifix mindestens zwei restauratorische Eingriffe durchlaufen hat, wobei der letzte Eingriff (evtl. zusammen mit der Bearbeitung auf Holzsichtigkeit und der Ergänzung der Zehen) etliche Jahre zurückliegen dürfte. Die Fassungsreste sind durch den pigmentierten Alkydharz-Lack-Anstrich soweit verunklärt, dass laut mündlicher Aussage des Fachlabors keine stichhaltigen Analyseergebnisse zu erwarten sind.

Ein Großteil der Risse und Abspanungen, sowie ein Großteil der Ausfluglöcher der Schadinsekten (Anobium punctatum, gemeiner Nagekäfer) weisen keinerlei strukturellen Ergänzungen auf. Einige Ausfluglöcher, sowie Faltentiefen und rückwärtige Bereiche des Lendentuchs weisen weiße Grundierungsreste auf. Die Risse und Ausfluglöcher wirken sich störend auf die Ablesbarkeit des Kruzifixes aus. Ein Teil der Ausfuglöcher ist mit hellem Bohrmehl gefüllt, was ein Hinweis eines noch aktiven Befalls darstellt. Andere Ausfluglöcher und offen liegende Fraßgänge deuten auf alten Befall hin, die noch zu einer Zeit entstanden sind, als das Kruzifix eine Farbfassung aufgewiesen hat.
Die Konstruktionsfuge der Schultern, Zehen, der gefüllten Astlöcher und Brustwarzen haben sich geweitet und sind zum Teil instabil. Hinterkopf und Schulter-/Rückenbereich sind stark von breiten und Rissen durchzogen. Ca. 70% der Dornen der Dornenkrone sind bis zu einem kurzen Stumpf abgebrochen oder herausgefallen. Schnitztechnische Details wie die relativ grobe Behandlung der Ergänzungen, sowie Form gebende Reißlinien - sichtbar am Lendentuch - wie sie als Hilfen während des Schnitzens erfolgen, stellen neben den vereinzelt offen liegenden Fraßgängen weitere Anzeichen einer einstmals vorhandenen Farbfassung des Kruzifixes dar.

Der jetzige Kreuzbalken, auf das der Korpus mit neuzeitlichen Schrauben fixiert ist, entspricht nicht der historischen Aufnahme des Kruzifixes und ist dementsprechend nach der Zeit des Aufnahmedatums circa zwischen den 40ern und 1955 entstanden.

 

 

 

 

Vorgeschlagene Maßnahmen

Ziel der konservatorischen und restauratorischen Bearbeitung sollte laut gutachterliche Stellungnahme sein, "durch gezielte Reinigung und Klärung der Oberfläche die Ablesbarkeit der hohen schnitzerischen Qualität des Werkes zurück zu gewinnen" und die Beleuchtungssituation vor Ort zu verbessern bzw. den Hängungsort grundsätzlich zu überdenken, zumal die klimatischen Verhältnisse in der Turmhalle äußerst ungünstig sind. Die Vielzahl der Risse, die geweiteten und teilweise instabilen Konstruktionsfugen, sowie die weißen Ablagerungen verdeutlichen die katastrophalen Klima-Verhältnisse.

Die Maßnahmen im Einzelnen

Probennahmen und Analyse durch Fachlabor

Staubentfernung, Trockene Oberflächenreinigung

Abtöten des aktiven Schadinsektenbefalls
pH- Wertmessungen im Bereich des rechten Fußes Christi, am Lendentuch links und an der Dornenkrone ergaben neutrale Werte. Eine Ausnahme stellen die Füße dar. Dort war der pH-Wert mit 8,5 leicht erhöht. Dieses Ergebnis ist analog zu den größten Anhäufungen an Nitratsalzen und damit noch im Holz vorhandener basischer Bestandteile im Bereich der Zehen von der für die Fassungsentfernung verwendeten Natronlauge.

Oberflächenreinigung
Zweiter Reinigungsschritt: Gründliche Oberflächenreinigung.
Kontrolle des pH-Werts im Bereich der Zehen Christi nach der Feuchtreinigung: neutrale Wert bei 6,5 bis 7,0.
3-Punkte-Nagelbefestigungen des Corpus Christi wurden mechanisch von Korrosionsrückständen befreit. Gründliche Oberflächenreinigung des Kreuzes

Abschrauben des Corpus Christi vom Kreuz mit Helfer
Das Konzept sah dies anfänglich vor, was nach der Untersuchung allerdings nicht mehr erstrebenswert erschien. Nicht durchgeführt. Die Stabilität des Corpus Christ und der gut erhaltenen Alkydharzanstrich auf der Rückseite des Corpus, sowie der gut erhaltene Anstrich auf den Kreuzbalken lassen einen Eingriff der gewachsenen Substanz Corpus Christi und erneuertes Kreuz als fragwürdige Maßnahme erscheinen. Dadurch können zwar nicht alle Annobienausfluglöcher gekittet werden, Das Abmontieren stellt jedoch einen erheblichen Eingriff in die Originalsubstanz dar, zumal die Fixierung am Kreuz ausschließlich nach historischem Vorbild über die Nagelungen beider Arme und der überkreuzten Füße mit rückseitig umgebogenen und ins Holz der Kreuzbalken eingetiefte Eisendorne erfolgt ist und die Demontage zwangsläufig zu Schäden am Kreuzbalken und zur Destabilisierung des Corpus Christi führen würde.

Kontrolle der gesamten Holzkonstruktion
Ausspanen fragiler Hirnholzbereiche am Corpus Christi mit sich stark abschälenden Holzlagen. Einlaufrisse am Kreuz wurden gesichert.
Ergänzung des großen Substanzverlusts am Fuß mit Stäbchenmethode.
Ausspanen größerer Risse und Abspanungen
Fehlende Dornen in Lindenholz ergänzt
Aufkittung der Stäbchenergänzung, der Annobienausfluglöcher und offen liegenden Fraßgängen soweit erreichbar mit alterungsstabilem Kittmaterial. Anböschen vereinzelter Abspanungen mit eben dieser Kittmasse. Kleinere Risse wurden nicht gekittet. Die Kittrückstände wurden entfernt. Am Kreuz im Bereich des unteren Anschluss zum Querbalken wurde die Fuge ebenfalls mit dem dauerelastischen Kittmaterial ausgefüllt.

Isolierungen, Retuschiermaßnahmen und Überzüge
Die Ausspanungen und ergänzten Dornen wurden isoliert.
Es folgten Retuschen der Dornen, der Ausspanungen und soweit notwendig, der Kittungen. Retuschen in hellen Lasuren und Strichlagen zur optischen Harmonisierung der Ergänzungen.
Der gesamte Corpus wurde mit einem dünnen matt auftrocknenden Überzug versehen, um die optische Uneinheitlichkeit des Corpus durch Farb- und Glanzunterschiede ermitteln zu können. Die heterogenen Bereiche von dicken und dünnen Alkydharzresten nebeneinander, ergänzten und sehr dunkel und glänzend hervorstechende Zehen, sowie vergraute und weißlich offen liegenden Holzbereiche machen dies notwenig.
Das rechte Bein und der linke Fuß Christi weichen sehr stark von der Farbigkeit der umliegenden Bereiche ab. Farbanpassung des Überzugs zur optischen Harmonisierung in mehreren Schritten im Bereich des Gesichts und des rechten Beins, des linken Fußes Christi, sowie auch auf Teilen der Arme und Hände, der Schultern und Brust Christi.
Glanzanpassung des Überzugs mit Zugabe eines Mattierungsmittels
Korrosionsschutz auf die Nagelfixierungen aufgebracht